Am 1. April fand in Claro der erste Endurance Anlass der Saison 2007 statt. Das Wetter war anfangs gar nicht klaro, und schon ein wenig ein schlechter Aprilscherz: es regnete – zwar wie in der Wettervorhersage angekündigt, aber trotzdem nicht unbedingt erwartet. Im Verlaufe des Morgens wurde es dann trocken, und man sah später sogar wieder Sonne und blauen Himmel.
Mit diesem ersten Anlass kamen zudem auch die neu überarbeiteten Reglemente zur Abwendung. Ausgeschrieben waren ein EVG I über 25 km, ein EVG II über 55 km, ein CEN** über 90 km, und ein DRF über 25 bis 90 km.
Als wir gegen sechs Uhr in der (sehr) Früh nach gut drei Stunden Fahrt ankamen, war es natürlich noch dunkel; stockdunkel wegen der dicken Wolken und des Regens. Das P-Schild, das noch rechts zeigte, sahen wir aber im Scheinwerferlicht meines Trucks trotzdem. Meine Freundin/Groom Sue beklagte sich angesichts der gähnenden Leere auf dem Stoppelacker, dass wir wieder einmal die Ersten seien. Ich belehrte sie, dass für den CEN halt nur sieben gemeldet seien – aber es stellte sich dann heraus, dass wir auch auf dem falschen Acker standen. Der Parkplatz war diesmal weiter in Richtung Horizont, was wir im Dunkeln nicht hatten sehen können.
Für die Vet Visite konnte mal gerade mal genug sehen. Meine Stirnlampe half den Vets und Schreibern.
Nun kam eine der Neuerungen ins Spiel: die geforderte untere Gewichtslimite von 70 kg. Zuerst wägen ohne Ausrüstung, nur der Reiter, natürlich schon mit Kleidern. Na ja: 63.3 kg, aber mit Wachjacke, Fleece und Jeans mit breitem Ledergürtel, schwerer Metall-Schnalle und Leatherman angeschnallt … das würde relativ knapp werden! Als ich dann also mit Sack und Pack, oder eben mit Sattel, Helm, etc. – aber in bequemer Reitausrüstung – wieder auf der Waage stand, hielt ich den Atem an – vielleicht half das ja auch. Die Waage ruckte zwischen ca. 68 und 72 kg hin und her, ganz so, als könne sie sich nicht entscheiden oder spanne gern die Leute auf die Folter, und blieb dann bei exakt 70.0 kg stehen, was bei allen Anwesenden grosse Heiterkeit hervorrief.
Von den sieben Gemeldeten traten nur noch drei Paare für den CEN an, und los ging es auf die altbekannte 40-km Schlaufe bis Biasca, die nur sehr wenig – wegen Baumfällaktionen – abgeändert war. Die wunderbaren Sandwege in den Uferauen des Ticino waren diesmal in idealem Zustand, trocken und nicht zu tief, und luden zum galoppieren ein.
Als Johnny und ich nach nicht ganz drei Stunden wieder im Base Camp ankamen, herrschte da grösserer Betrieb. Die anderen Reiter waren noch am Starten für die EVGs und den DRF, und wurden in kleinen Gruppen im 5-Minuten Takt losgeschickt.
Ich wusch Johnny nur kurz den Hals und die Brust ab; es wehte ein kühler Wind, und er war trocken, und Johnny fühlte sich überhaupt nicht heiss an. Heute brauchte es definitiv eine warme Decke über der Kruppe! Johnny machte sich über sein Heu her, während ich (wieder nur der Reiter) nachgewogen wurde; 62.7 kg, obwohl ich eben eine Energy Milk geschluckt hatte … die leichten Kleider eben.
Die Reiter und Pferde schienen auf der Strecke sehr gut verteilt zu sein, denn auch auf unserer zweiten Schlaufe, diesmal über 25 km, sah ich kaum jemanden. Johnny war noch äusserst frisch und wollte losziehen, aber ich beschloss, etwas ruhiger zu reiten als vorher, da wir es uns zeitlich leisten konnten. Ich wollte ja nicht auf Tempo reiten, sondern auf Durchkommen mit meinem immer noch jungen Pferd – er wird Ende Juni sieben. Das hiess halt dann, dass ich die erste Hälfte ständig ein wenig bremsen musste. Aber es lohnte sich: nach Zielankunft und absatteln konnten wir direkt zum Vet und hatten Puls 46, also gut unter den in dieser Kategorie nun geforderten 56 Herzschlägen pro Minute, wie früher im nun nicht mehr existierenden CES.
Johnny hatte in der Zwischenzeit auch getrunken. Das Wasser in dem kleinen Zulauf, den wir durchqueren mussten, hatte er zwar noch verschmäht, aber ich merkte dann bald darauf, dass er nun nach Wasser Ausschau hielt. In den meisten Teilen des Landes kommst du auf den Ritten alle par Meilen an einem Dorfbrunnen vorbei; hier halt nicht, und schliesslich trank Johnny eben mal etwas aus einer grossen Pfütze. Bei der Brücke hatte ich mir überlegt, ob ich kurz in den Ticino reiten sollte, da das gleich hier mit nicht allzu viel Klettern und Abrutschen verbunden gewesen wäre, aber angesichts der im Wasser stehenden Angler unterliess ich das dann doch. Die hätten mich wohl skalpiert, wenn wir ihnen mit munterem Plantschen die Fische vertrieben hätten.
Nun gab es frisches Wasser, mit Elektrolyten drin aufgelöst, und Fresspause – Heu und Gras, denn das bisschen Kraftfutter mit eingeweichten Zuckerrüben wollte Johnny nicht. Und schon ging es wieder los auf die letzte Runde. Auf dem Groom Platz war es bereits relativ ruhig geworden; die meisten EVG Reiter schienen zurück und fertig zu sein, oder auf der zweiten Runde unterwegs für 55 km – jedenfalls waren nicht viele Pferde da.
Also noch einmal 25 km unter die Hufe nehmen; Johnny ist immer noch voller Elan and Vorwärtsdrang, und an den besten Stellen lasse ich ihn zu seiner und meiner grossen Freude ein wenig gewähren, lasse ihn zügig, aber ruhig galoppieren, behalte aber den Puls im Auge – nie über 130 bpm.
Diesmal trinkt Johnny kräftig aus dem kleinen Flüsschen, und weiter geht es, gar nicht mehr weit. Wir werden gegen den Schluss hin wieder ziemlich langsam, damit alle Systeme ein wenig herunterschalten können, gehen auch auf der letzten Meile mal ein paar Minuten Schritt, und schon haben wir das Ziel vor Augen – 90 km geschafft; Johnny’s erster CEN! Mit Puls 52 absolvierten wir etwas weniger als 10 Minuten später auch die abschliessende Vet Kontrolle.
Nun hatten wir gerade noch Zeit, alles wieder im Auto zu verstauen, bis pünktlich gleich nach fünf Uhr die Preisverteilung begann. Eva Keller und Icare de la Brasserie haben diesen CEN** gewonnen, und Johnny und ich waren Zweite. Wir durften beide, zusätzlich zu Plakette und Pokal, eine grosszügige Armladung Preise entgegen nehmen.
Die Sieger im EVG II über 55 km waren Monique Wagner-Münch und Mel Shahim, gefolgt von Nadja Pfaffhauser und Aswad Safir. Es machte besondere Freude zu sehen, dass der nun 20-jährige schneeweisse Oussoulane wieder richtig fit ist. Er und Pascale Ory gewannen das EVG I über 25 km vor der Juniorin Jennifer Commons auf Natan.
Was mir ebenfalls grosse Freude machte, war, dass die Heimfahrt ohne eine einzige Stauzone ablief (trotz ’Uri baut’), und wir so für die Heimreise genau so lang hatten, wie wir am Morgen – na ja, in der Nacht – für den Hinweg gebracht hatten, nämlich grad knapp über drei Stunden.
Bericht: Esty H. Saenger