Am 1. und 2. September 2007 trafen sich die Distanzreiter wieder in Neuenhof für den 4. Limmattaler Distanzritt. Der Anlass lief allerdings dieses Jahr unter dem Namen Limmattaler Reitsporttage, denn zusätzlich zu den Endurance Prüfungen wurden auch Gymkhana-Prüfungen für Kinder, Teenager und Erwachsene, sowie ein Ride & Tie angeboten.
OK-Präsident Stefan Waldisberg und seine Crew haben sich viel vorgenommen. KLP 1 (25 km) und 2 (40 km), EVG 1 (34 km) und 2 (45 km) und DRF stehen auf dem Programm, und dazu die beiden Rennen CEN** (84 km) und CEN*** (168 km; 2x 84km). Vorgängig erscheint immer mehr Information auf der Website der Pferdesporttage. Das Höhenprofil vor allem der 34-km Schlaufe sieht aus wie das EKG bei einem Patienten mit grösseren Herzproblemen – aber wir wissen ja vom Vorjahr, dass diese Strecke topographisch anspruchsvoll ist, eine Berg- und Talbahn.
Als wir ankommen, ist es noch dunkel, und ich weiss zum Glück den Weg noch gut, denn wir halten vergeblich nach den richtungsweisenden Täfelchen Ausschau. Da es nicht klar ist, wo ich parkieren soll, drehe ich eine Schlaufe zum Schützenhaus – Ground Zero quasi – und stehe dann vor blockiertem Weg. Stefan kommt dann hilfsbereit gerannt, um den Traktor und Anhänger aus dem Weg zu fahren, damit ich Truck und Trailer nicht auf dem eingegrenzten Feldweg wenden muss … wenig später sind wir oberhalb des Schützenhauses, wo wir den Corral aufbauen können, mit Material, inklusive Viehhüter, das uns Stefan netterweise leiht.
Johnny und ich sind für 168 km (2x 84 km) angemeldet, und um halb acht geht es los, erst mal auf die 25-km Schlaufe. Es ist bereits warm genug, um ohne Jacke zu reiten, und es verspricht ein schöner Tag zu werden. Die Strecke ist extrem gut und eindeutig markiert, da kann man gar nicht falsch gehen!
Nach seiner fast dreimonatigen Endurance Pause, seit Uerkheim, scheint Johnny jetzt topfit, und er geht freudig los. Wir nutzen die noch frische Morgenluft und traben flott voran, ruhig und stetig, um unseren üblichen regelmässigen Rhythmus bemüht, der bei Johnny fast schon vollautomatisch ist. Ich muss ihn aber ab und zu etwas abbremsen. Sein Enthusiasmus in Ehren, aber er kann ja nicht wissen, dass er diesmal viel, viel weiter rennen muss als je zuvor, jedenfalls bis am Ende des zweiten Tages. Dies ist schliesslich sein erster Dreistern Anlass; logisch, er wurde ja erst sieben anfangs Sommer.
Nach dem ersten Anstieg wird diese Schlaufe über längere Teile etwas flacher, und man kommt gut voran, ohne die Pferde zu sehr zu fordern. Auf den letzten fast vier Kilometern geht es dann wieder den Hügel runter, zum Teil relativ steil. Ich steige also ab und wir rennen Seite an Seite weiter, das geht so viel leichter. Runter läuft es sich ja flott, und die Luft geht mir nicht aus; ich bin ja schliesslich eine Woche vorher einen Marathon gelaufen. So kommen wir nach 1¾ Stunden wieder im Base Camp an, und nicht ganz sieben Minuten später präsentieren wir mit Puls 51. Jetzt kommt die erste 45-Minuten Pause, und Johnny frisst sich wacker durch die ganze Pause. Eine halbe Plantage Banana und Äpfel, Heu, etwas Kraftfutter mit Beet Pulp, dann ein wenig Heu und viel, viel Gras … und dann sind wir wieder unterwegs, diesmal auf der strengeren 34-km Schlaufe.
Johnny aber trabt unverdrossen den Hang hoch, immer wieder, bis wir in der Mitte der Schlaufe und somit oben sind; und weiter gehts. Auch hier sind wir ein wenig schneller, als ich uns „erlaubt“ habe, nach fast genau 2½ Stunden sind wir bereits wieder zurück, und sechs Minuten später präsentiert sich Johnny den Vets mit Puls 46 – er ist nicht aufzuhalten. Nun noch einmal die kürzere Schlaufe für heute. Es ist in der Zwischenzeit wärmer geworden, aber es weht ein toller Wind, der den Pferden gut tut. Johnny läuft immer noch super, und schon bald renne ich mit ihm zum dritten Mal heute den Berg runter, und nach wieder guten 1¾ Stunden sind wir zurück, zum letzten Mal für heute. Wir haben die Hälfte der Strecke, 84 km, hinter uns gebracht, und nach sieben Minuten passiert Johnny seinen Check mit Puls 49, und all seinen anderen Werten völlig normal. Eine Stunde später wird er noch einmal durchgecheckt, seine Eingangskontrolle für den zweiten Tag – und jetzt darf er in seinen Corral, wo er hungrig nach mehr Futter wiehert; das Heu allein ist nicht gut genug. Er hat sich durch alle Pausen durchgefressen, und auch jetzt, sowie die halbe Nacht, malmt er weiter, sagt Sue, denn ich schlafe tief und fest und höre nichts – jedenfalls die meiste Zeit.
Jetzt, am Abend, startet der Ride & Tie, eine sehr anspruchsvolle sowie ansprechende Prüfungsart, die sich vor allem in den USA allergrösster Beliebtheit erfreut. Leider sind hier nur wenige Paare mit ihrem Pferd am Start; wohl weil heutzutage diese Kategorie hierzulande so ziemlich in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Schade; na ja, vielleicht hilft dieser erste Anlass, diese tolle Kategorie wieder zu beleben!
Der zweite Tag
Sobald ich die hintere Klappe am Verdeck meines Trucks öffne, wiehert mir Johnny wie immer zur Begrüssung schmetternd entgegen – wenn er bloss nicht das ganze Feld aufweckt; es ist erst halb sechs.
Freudig frisst er sein kleines Frühstück Kraftfutter, dann macht er sich ans frische Heu. Um sieben sind wir wieder unterwegs. Ich bin gespannt, wie er heute läuft, nach der Anstrengung gestern – wie immer! Aber wir sind noch keine zehn Minuten unterwegs, als mich eine Biene in der Oberschenkel sticht – das kann ja heiter werden!
Wir brauchen wieder knapp 1¾ Stunden für die erste Runde. Auf der zweiten und dritten Runde sind wir jeweils ein paar Minuten langsamer als am Vortag unterwegs, und gegen Ende gehen wir ein Stück im Schritt, ich zu Fuss, den Berg runter, wie haben ja Zeit.
Dann ist es geschafft, wir sind am Ziel, zum letzten Mal. Mit einer Gesamtreitzeit von 12:58:16 (= 12.963 km/h) und guten Werten bei den Veterinären beenden wir diese Prüfung – als Sieger!
Ein wunderbarer Anlass! Es war klar zu sehen und fast spürbar, wie die Organisation bemüht war, einen tollen Event auf die Beine zu stellen und alles wie am Schnürchen ablaufen zu lassen. Das ist denn auch gelungen. Bravo, das OK darf stolz sein auf seine Leistung – wir kommen gern wieder! Für die paar Ärgernisse, über die wir betroffene Reiter uns aufregen mussten (siehe unten), konnte das OK schliesslich absolut rein gar nichts.
Die Sieger der verschiedenen Prüfungen waren:
CEN*** 2x 84 km: Lonestar Johnny Skywalker Esty H. Saenger
CEN** 84 km: Crystal Khalil Anna Williams
EVG 2 45 km: Khartoum v.d. Brooks Sarah de Jacob
KLP 2 40 km: Tuan Rahel Dudli
EVG 1 34 km: Dark Star Pamina Sanja Poleksic
KLP 1 25 km: Robin Hood V CH Luzia Grätzer
Ride & Tie 16 km: Spice II Christine und Bruno Günthardt
Vermeidbare Ärgernisse
Manchmal fragt man sich, ob so ein Sportanlass nicht von gewissen Personen quasi als Kampfarena missbraucht wird, für kleinliche Querelen.
Beispiel: der CEN*** über 168 km wurde an zwei Tagen ausgetragen. Mindest-Durchschittsgeschwindigkeit für einen CEN ist 12 km/h, das ist jedem klar, gemessen von Start bis Finish, logischerweise. Am Abend des ersten Tages hören wir aber plötzlich, dass jegliche Zeit, die wir unter der Maximalzeit geblieben seien, morgen nicht zähle; der Durchschnitt müsse an beiden Tagen mindestens 12 km/h sein … Bitte was? Wo steht das? … Na ja, nirgends, aber man könnte es eventuell so auslegen, wenn man wirklich wollte. Aber warum sollte man das wollen? Unverständlich in einem Sport, in welchem ständig gepredigt wird, es solle alles zum Wohle des Pferdes getan werde. Da soll man plötzlich nicht mehr langsamer werden dürfen, wenn man während der ersten Hälfte etwas schneller war??? Konsequenterweise müsste das dann heissen, dass man immer alle Schlaufen mit mindestens 12 km/h absolvieren müsste, was natürlich absoluter Blödsinn ist. Wir wenden uns konsterniert an die beiden erfahrenen Reiterinnen, welche seit Jahr und Tag in den verschiedensten Ländern internationale FEI Rennen bestreiten, und deren Vater, bez. Ehemann der FEI Endurance Delegierte ist. Sie können’s nicht glauben! Nein, natürlich werde das beim FEI nicht so gemacht! … Ein Argument ist anscheinend, dass die Ziel-Funktionäre nicht „bis Mitternacht herumhocken“ wollen. Das ist natürlich durchaus begreiflich, aber so schnell kann einer am ersten Tag gar nicht reiten, dass er sich das am zweiten Tag leisten könnte! Oder der Typ, der am ersten Tag so reitet, würde am zweiten Tag so weiterreiten, so sein Pferd denn überhaupt noch im Rennen wäre. Anscheinend folgen im Hintergrund Diskussionen und Telephonate, und die Vernunft und Logik siegt zum Glück, es zählt die Durchschnittsgeschwindigkeit der ganzen Strecke!
Ein anderes Beispiel: Einige Zeit nach der Vet-Kontrolle der dritten Schlaufe, nach einer Pause von mindestens einer Stunde, folgt die Kontrolle für den folgenden Tag, während auch der CEN** für den Sonntag präsentiert. Ist ja schliesslich gang und gäbe, dass Eingangsprüfungen für lange Rennen am Vortag gemacht werden, wegen der frühen Startzeiten … dann heisst es plötzlich, für den CEN*** gäbe es am Morgen doch noch eine weitere Vollkontrolle (wann denn, um 05.00 Uhr im Stockdunkeln oder was? – der Start ist um sieben!). Die Veterinäre schütteln alle den Kopf – und können sich dann mit der höheren Gewalt auf ein Trot-by am Sonntagmorgen einigen.
So weit so gut. Als wir dann am Sonntagmorgen gerade beginnen, unsere Pferde zu satteln – es hat grad halb sieben geschlagen, und man will sie ja genügend aufwärmen vorher – kommt ein Funktionär aufgebracht gerannt und teilt uns beschämt mit, dass bestimmt worden sei, wir müssten noch mal einwägen … Na grossartig! Klar, laut Reglement darf jederzeit wieder nachgewogen werden, aber muss es denn grad ausgerechnet ohne jegliche Vorwarnung knapp vor dem ersten Start am Morgen sein, wenn man weiss, dass die Reiter ihre Pferde jetzt bereit machen wollen und müssen, um keine Hektik aufkommen zu lassen!
Solche Vorkommnisse müssen fast als Schikanen gesehen werden, was sehr schade ist, denn sie wären durchaus vermeidbar. Wir wollen unseren absolut wunderbaren Sport ausüben und geniessen, ohne das Gefühl haben zu müssen, wir werden behandelt, wie es den Obersten gerade eben willkürlich in den Sinn kommt.
Bericht: Esty H. Saenger