German Cross Distanz, Kronau (GER)
Es ist wieder soweit – endlich: die Endurance Saison kann beginnen; für uns, meine ich, denn weltweit hört der
Kalender ja nie auf … Als Auftakt für unsere Saison geht es diesmal nach Deutschland, und zwar an die German
Cross Distanz in Kronau, welches etwas nördlich von Karlsruhe liegt, etwa 250 km nördlich von uns.
Der Ritt findet am Samstag vor Ostern statt, also fahr ich am Freitag schon hin. Man weiss ja nie so genau, wie lange
man hat, da der Verkehr heutzutage unberechenbar ist. Base Camp liegt keine fünf Minuten von der
Autobahnausfahrt weg und befindet sich quasi auf einer grossen Wiese – eigentlich einfach freies Feld, neben
einem Kegelheim. Ich frage, wo ich den parken und den Corral aufstellen solle. Ach, rigendwo hier, wo du magst.
Ah ja? Super! Kein ’Jetzt noch einen Millimeter vor und 30 cm rüber’, damit die Autotür wegen des daneben
geparkten Wagens gar nicht mehr richtig aufgeht und du mit dem Pferd garantiert nicht mehr durchkommst!
Bis zum Abend ist das Feld schon fast voll mit Autos, Trucks, Camper Vans und eben all den Corrals. Platz hat jeder,
es sieht gemütlich aus.
Gegen Abend können wir auch unsere Pferde vorzeigen und erhalten unsere Dokumente für den nachsten Tag.
Die Distanz ist 50 km, die man also einzige Schlaufe reitet, mit 2 Gate&Go’s und einem Stopp mit Vet Check
etwa in der Mitte.
Am Morgen können wir uns ohne Hektik vorbereiten, Start ist gestaffelt zwischen 8 und 9 Uhr; es sind 70 Pferde
und Reiter am Start. Da es auf einmal recht warm ist, fast schon sommerlich, obwohl wir erst die erste Aprilhälfte
haben, beschliesse ich, um acht loszureiten, um von der morgendlich frischen Luft zu profitieren.
Die Strecke ist super, meist unbefestigte Pfade im Wald und Graswege über die Felder, dazwischen befestigte
Wege, allerdings ohne Kies und Schotter und Steine; ab und zu ein wirklich sehr kurzes Stück Teer – und kaum ein
Mensch in sicht; nicht Abertausende von Bikern, Wandern, Hündeleren, Jägern, etc. etc. etc. Der erwachende
Wald mit teils fast giftgrünen sich entfaltenden Knospen und Baby-Blättern ist dicht und gross. Es wäre wunderschön,
wenn Johnny nur nicht so durchgedreht wäre. Es passt ihm gar nicht, dass wir langsam unterwegs sind; das
Ziel ist durchkommen, und ruhig und locker reiten. Na ja, vergiss locker für die erste Hälfte. Johnny regt sich so
auf wenn andere vorbeireiten, und kämpft unablässlich um mehr Tempo, dass er sich mindestens so sehr verausgabt,
wie wenn wir tatsächlich schneller geritten wären. Aber eben …
Was mir sehr angenehm auffällt, ist, dass kein einziger der anderen Reiter einfach an mir vorbeiprescht; alle fragen
erst höflich, ob es okay sei, wenn sie überholten … Im ersten Gate&Go müssen wir dann ein paar Minuten warten, bis
Johnny’s von seinen flatternden Nerven künstlich hochgepeitschter Puls die geforderten 64 erreicht hat. Plötzlich
beruhigt er sich und der Puls fällt auf 52 – und es kann weitergehen.
Wir verpassen eine Abzweigung und reiten zu weit geradeaus. Ich merks aber und bald sind wir wieder
richtig unterwegs.
Dann kommt schon die Mittagspause auf eienr grossen Wiese an einem idyllischen Bach – den kann ich als
Wasserquelle verwenden, denn ich bin ja groomlos unterwegs. Dank der langen Schnur an meinem Schwamm
geht das bestens so. Direkt bei Zielüberquerung wird der Puls genommen. Gefordert ist 72 bpm innert 10, und 64 bpm
innert 20 Minuten. Die Pause beginnt bei Ankunft, nicht beim Zeigen. Zeigen kann man irgendwann während der
45-Minuten Pause … wie angenehm! Das ist wie zu Hause in den USA. Das hält Stress und Hektik bedeutend in Grenzen!
Nach 45 Minuten sind wir dann also wieder unterwegs, und Johnny ist auf einmal viel ruhiger und gesetzter.
Durchhängender Zügel liegt nicht drin, aber das ist trotzdem wie ein anderes Pferd … eine Gruppe mit zwei
jungen Damen fragt, ob sie bei mir bleiben dürfen … klar doch … Plötzlich merken wir, dass wir keine Markierung
mehr sehen – wir sind falsch. Ein Waldarbeit zeit uns auf der Karte, wo wir sind, und bald sind wir wieder auf der
richtigen Strecke. Trotzdem zeigt mein Garmin am Ziel statt der 50 ganze 55 km – na ja, macht ja nichts. Auch hier
haben wir das Pulskriterium bereits im Ziel ereicht, und müssen jetzt erst nach mindestens zwei Stunden vorzeigen.
Puls wird in 10 Minuten noch einmal genommen. Ich will auf die Stopuhr drücken, und man beschwichtigt mich,
“Na ja, ungefähr zehn Minuten.“ Ach, man wird hier nicht disqualifiziert, wenn man das um ein oder zwei Sekunden
verpasst? Die denken, ich scherze. Nein, natürlch nicht, so eine Vorstellung! …
Zwei Stunden, die wir mit putzen, wälzen … noch mal putzen, Gras fressen, aufräumen, etc. verbringen, gehen
recht schnell vorbei – dann Schlusskontrolle, und geschafft.
Jetzt kann man noch ein bisschen faul rumhängen. Es ist fast schon sommerlich warm – ich hatte mir noch überlegt,
ob ich Shorts mitnehmen sollte, dachte dann aber “Du spinnst, es ist April in Westeuropa“; aber die meisten laufen hier unterdessen wie im Sommer rum.
Von den 70 Gestarteten sind 60 furchgekommen. Alle erhalten ihre Plakette und die Check- Karte, dann
noch Corral abbauen, und los geht es. Nach weniger ls drei Stunden ererichen wir wieder den Stall.
Ein tolles Erlebnis, wir werden dieses Jahr wieder in Deutschland reiten!
Bericht: Esty H. Geissmann